Michael und Tobias Schier Obst & Gemüse Schier
Es sind die Händler*innen, die unserem Carlsplatz sein Gesicht geben. Wir sprachen mit vier Menschen, die täglich auf dem Markt arbeiten und deren Familienhistorien teils über 80 Jahre auf dem Carlsplatz verankert sind. Wie erlebt die aktuelle Generation den Markt? Was war früher besser und was bringt die Zukunft?
Interview mit Tobias Schier und Michael Schier (Foto)
von Obst & Gemüse Schier
Beschreiben Sie in kurzen Worten Ihr Sortiment.
Wir haben alles, was mit Obst und Gemüse zu tun hat im Sortiment, auch Exoten. Der Schwerpunkt liegt bei uns auf französischen Produkten, was daher rührt, dass wir eine Großmutter haben, die in Nordfrankreich geboren worden ist. Unser deutscher Opa hat sie damals in Frankreich kennengelernt und mit nach Deutschland gebracht. Deswegen führen wir viele klassische Produkte aus Frankreich, darunter auch französischen Käse, Rohmilchkäse oder Quark, französische Butter, Eier, Olivenöle und Co. Sozusagen ein kleines Gemischtwarenprogramm, wie man es aus Frankreich kennt. Salate sind ebenfalls eine Spezialität von uns. Wir stellen auch selbst Salatmischungen aus den Köpfen her. Ansonsten ist unser Sortiment sehr saisonal. Wenn Wildpilze Saison haben, haben wir zum Beispiel Berge an Wildpilzen.
Seit wann sind Sie auf dem Carlsplatz?
Meine Geschwister und ich sind die vierte Generation. Wir haben noch einige Jahre mit unserer französischen Großmutter zusammengearbeitet. Die Generation davor kennen wir nicht, die vierte Generation hatte mit der ersten Generation leider keinen Kontakt mehr. Ohne in die Bücher zu sehen, würde ich vermuten, unsere Familie ist zwischen 80 und 100 Jahren hier.
Wissen Sie, wer vorher auf Ihrem Marktplatz war?
Seitdem der Carlsplatz besteht, haben wir den Stand an dieser Stelle. Wir sind als eine Art Gründungsmitglied zu sehen. Der Markt war vorher an einem anderen Ort in Düsseldorf. Seit dem Umzug auf den Carlsplatz sind wir genau hier.
Wie kam es dazu, den Stand auf dem Carlsplatz zu betreiben?
Unser deutscher Großvater hat unsere französische Großmutter damals mit nach Kappes Hamm gebracht. Dort hatte die Familie meines Großvaters ein kleines Stück Land, was sie mit bäuerlichen Produkten wie Wirsing, Grünkohl, Weißkohl & Co. bewirtschaftet hat und die bereits damals hier auf dem Markt verkauft wurden.
War es für Sie von vornherein klar, in das elterliche Unternehmen einzusteigen?
Teils, teils. Ich habe sechs Geschwister. Mein Zwillingsbruder und ich wussten sofort, dass wir den Job auch hauptberuflich machen wollen. Die anderen beiden Brüder sind erst nach und nach dazu gestoßen. Sie hatten vorher andere Berufe und sind nun aber auch hauptberuflich im Familienunternehmen beschäftigt.
Was bedeutet Ihnen der Markt persönlich?
Neben meiner eigenen kleinen Familie bedeutet mir der Markt alles. Ich bin ca. 75 Stunden die Woche hier. Das ist ein sehr arbeitsintensiver Job. Ich mache nichts anderes – und ich möchte auch nichts anderes machen. Ich habe nichts anderes gelernt. Die Produkte sind das, womit ich mich auskenne. Das macht mir Spaß – auch der Umgang mit den Menschen und Kunden. Dadurch, dass meine Eltern noch im Betrieb sind, ist das Ganze sehr familiär. Während wir morgens aufbauen, unterhalten wir uns ein bisschen, hier findet Familienleben statt. Unsere Mutter bekocht uns, bevor sie geht. Wir haben im Privaten nicht so viel Zeit, das findet im Grunde alles hier auf dem Markt statt.
Was schätzen Sie am Carlsplatz am meisten?
Das vielfältige Angebot. Die Händler verstehen sich untereinander sehr gut. Der Kunde kann, egal an welchem Wochentag, ausgesuchte besondere Spezialitäten finden. Das ist nicht nur bei unserem Obst und Gemüse so, auch an vielen anderen Ständen, ob das Blumen sind, ob das unser Kaffeeladen ist, hier gibt es eine sehr gute, ausgewogene Mischung.
Was lieben Sie am meisten an Ihrer Arbeit?
Ich liebe den Umgang mit den Produkten. Ich mag es sehr, den ganzen Tag gesunde und frische Lebensmittel in der Hand zu halten. Wir haben eine sehr große Auswahl, das ist viel Arbeit. Es macht aber jeden Tag aufs Neue Spaß. Außerdem liebe ich den Duft des Markts! Und ich mag, dass das Angebot je nach Jahreszeit wechselt und immer sehr viel Bewegung drin ist. Man steckt so mittendrin im Produkt.
Wie würden Sie die Entwicklung des Marktes von damals zu heute beschreiben?
Der Markt hat sich in meinen Augen verbessert. Wir richten uns noch mehr an den Kunden, der etwas Besonderes sucht. Das „Über-den-Preis-verkaufen“ ist auf dem gesamten Carlsplatz nicht interessant. Natürlich vergleicht man Spargelpreise oder ähnliches, da ist klar. Aber ausschlaggebend war hier immer die Qualität. Das finde ich gut und das müssen wir uns beibehalten. Die großen Handelsketten haben riesige Warenangebote und sehr günstige Preise. Wenn wir versuchen, da mitzuhalten, ist das für uns alle schlecht. Wir müssen uns daran orientieren, dem Kunden die beste Beratung sowie gute und frische Produkte anzubieten. Wir müssen immer weiter in Richtung des Besonderen gehen. 0815 bekommt man überall. Ich denke, der Carlsplatz ist auf einem sehr guten Weg.
In den letzten Jahren hat sich zu den Händlern, die frische Produkte verkaufen, eine Reihe von Geschäften angesiedelt die Verköstigungen, also Speisen oder ein Glas Wein auf die Hand anbieten. Das ist erstmal gut und zeitgemäß. Der Carlsplatz bzw. die Marktleitung muss aufpassen, dass die Ausgewogenheit erhalten bleibt. Es ist heutzutage nicht möglich, so einen großen Marktplatz zu betreiben, ohne den Besuchern und Kunden eine gewisse Aufenthaltsqualität zu bieten. So schaffen wir auch für die Kollegen, die einen Frischeladen betreiben, ein Umfeld, das allen gemeinsam ein auskömmliches Handeln ermöglicht. Der reine Lebensmittelhandel ist wahnsinnig schwierig und sehr viel Arbeit. Man muss sich seinen Stammkundenstamm erarbeiten. Das alleine dauert mitunter Jahre. Ohne die Stammkundschaft ist es sehr schwierig, hier Geschäfte zu machen, seine Miete zu zahlen und den Lebensunterhalt zu erwirtschaften.
Gibt es Kunden oder besondere Erlebnisse, die Ihnen in der Zeit im Kopf hängen geblieben sind? Was war Ihr besonderster Moment auf dem Markt?
Wir sind ein Geschäft mit vielen Stammkunden und auch mit sehr vielen alten Kunden. Ich bin jetzt seit 23 Jahren auf dem Markt. Wir haben aber Kunden, die schon seit über 40 Jahren in unserem Laden einkaufen. Die sind entsprechend alt, 85 Jahre, teilweise über 90 Jahre. Sie hatten in der Lockdownphase große Schwierigkeiten, mit der Gesamtsituation umzugehen. Einige von den Kunden haben wir (auch vorher schon) beliefert. Sie waren uns immer sehr dankbar. Eine Kundin hat einmal zu mir gesagt: "Sie machen mein Leben schöner." Das fand ich besonders süß und das ist mir im Gedächtnis geblieben.
Was bringt die Zukunft? Was sind Ihre Wünsche an den Markt?
Wir machen in Zukunft und als Familie so weiter wie bisher. Wir versuchen, dem Kunden Qualität näher zu bringen. Wir beraten die Leute gerne und es ist kein Problem, wenn jemand eine Frage hat. Ganz im Gegenteil. Speziell bei uns im Laden haben wir gar nicht so viele Möglichkeiten, etwas zu verändern. Außerdem sind wir als Markt aktuell mit dem Geschäftsführer Herrn Röckrath dran, mehr Stände mit frischen Marktprodukten zu bekommen. Das ist aus genannten Gründen kompliziert, aber für den Markt enorm wichtig.
Ist die fünfte Generation schon in den Startlöchern?
Wir sind eine sehr große Familie, ich habe fünf Geschwister, wir haben allerdings bisher nur zwei Kinder in der Familie. Mein Sohn ist zehn, wenn er mal hier auf dem Markt ist, hilft er immer sehr gerne mit. Aber man muss abwarten, wie sich das entwickelt.
Vielen Dank!