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Marktleben Rund um den Carlsplatz

Geraldine Marionneau Chez Jean-Luc

Es sind die Händler*innen, die unserem Carls­platz sein Gesicht geben. Wir sprachen mit vier Menschen, die täg­lich auf dem Markt arbeiten und deren Familien­historien teils über 80 Jahre auf dem Carls­platz ver­ankert sind. Wie erlebt die aktuelle Gene­ration den Markt? Was war früher besser und was bringt die Zukunft?

Interview mit
Geraldine Marionneau
von Chez Jean-Luc

Beschreiben Sie in kurzen Worten Ihr Sortiment.

Ich führe französische Speziali­täten und Fein­kost: Käse, Pasteten, Weine, Salz und natür­lich franzö­sische Cornichons.


Seit wann sind Sie auf dem Carlsplatz?

Ich bin jetzt seit 10 Jahren auf dem Markt, im Novem­ber gehe ich ins elfte Jahr. Anfangs hatte ich neben der Fein­kost noch einen Flamm­kuchenstand, den habe ich aber vor ca. fünf Jahren ver­kauft, weil die Doppel­belastung zu groß wurde.

Wissen Sie, wer vorher auf Ihrem Marktplatz war?

Das war auch eine Französin, Marie-Noël Faucheur. Sie hat den Stand gemein­sam mit ihrem Mann betrieben, später allein und hat dann an mich verkauft.


Wie kam es dazu, den Stand auf dem Carlsplatz zu betreiben?

Das ist eine lange Geschichte. Die Idee kam gar nicht von mir, son­dern von meinem Ex-Freund Jean-Luc. Wir haben damals immer gemein­sam bei Marie-Noël einge­kauft, bis sie immer öfters geschlossen hatte und wir uns über die Öffnungs­zeiten wun­derten. Mein Freund kam dann auf die Idee, dass ich doch mal bei ihr aus­helfen könnte. Ich hatte eigent­lich einen anderen Job, ich war als Französisch-Lehrerin full­time von Montag bis Samstag­mittag tätig. Ich habe mich schon immer für das Thema Gastro­nomie und Essen interes­siert. Ich komme selbst vom Meer und vom Land aus Frank­reich, aus der Nähe von Bor­deaux. Meine Eltern haben von Butter bis Pastete alles selbst gemacht. Ich mache das nicht, aber ich bin damit auf­gewachsen und kenne mich aus. Ich habe dann bei Marie-Noël gejobbt. Irgend­wann kam das Gespräch darauf, ob sie den Stand nicht ver­kaufen wolle – und sie wollte. So haben Jean-Luc und ich dann den Stand über­nommen, den ich jetzt allein betreibe. Ich habe es nie bereut.


Was bedeutet Ihnen der Markt persönlich?

Es ist mein Arbeits­platz. Ich komme jeden Morgen sehr gerne hier hin. Natür­lich kaufe ich auch hier ein.


Was schätzen Sie am Carlsplatz am meisten?

Das ist die Vielfalt. Wenn ich etwas Spezielles, Außer­gewöhnliches kochen möchte, dann kann ich sicher sein, dass ich es hier finde. Wenn Freunde etwas Beson­deres wie zum Beispiel Wild suchen, dann weiß ich genau, wo ich sie hin­schicken muss. Die Vielfalt ist schon sehr schön. Und an­sonsten schätze ich sehr meine Kolleg*innen.


Was lieben Sie am meisten an Ihrer Arbeit?

Ich kann meine Sprache sprechen, Franzö­sisch und Deutsch. Viele Deutsche ver­suchen franzö­sisch zu sprechen, das ist großartig. Viele Kunden kommen nicht nur zum Ein­kaufen, sondern auch zum Reden. Wir reden über alles. Natür­lich macht es mir auch Spaß, die Kunden zu beraten, aber das Reden ist sehr wichtig für mich. Das reine Ver­kaufen wäre mir viel­leicht sonst ein bisschen zu wenig. Der Austausch macht mir große Freude.

An welchem Stand gehen Sie am liebsten einkaufen?

Ich kaufe sehr gerne Obst und Gemüse bei der Familie Porten. Meinen Kaffee kaufe ich jeden Morgen bzw. mehr­mals am Tag bei Kaffee­Reich. Eigentlich bin ich aber gerne überall und kaufe fast jeden Tag ein. Mein Sohn studiert und ist nicht mehr im Haus, dement­sprechend kaufe ich immer das ein, worauf ich gerade Lust habe. Auch wenn ich oft zu spät, nach 18 Uhr, ein­kaufen gehe.

Wie würden Sie die Entwicklung des Marktes von damals zu heute beschreiben?

Es hat sich sehr viel ver­ändert. Der Unter­schied für mich nach zehn Jahren ist nicht so krass im Ver­gleich zu einigen anderen, die schon mehrere Jahr­zehnte hier sind. Es gibt mehr Gastro­nomie. Ich persön­lich gehe nach der Arbeit lieber woan­ders hin. Nicht, weil ich das Angebot nicht mag, aber weil ich neben meinem Arbeits­platz auch etwas anderes und andere Leute sehen möchte. Viele gehen hier nach Feier­abend gerne noch eine Kleinig­keit essen oder trinken, bei Concept Ries­ling oder bei Petra von Bude Neun.


Gibt es Kunden oder besondere Erlebnisse, die Ihnen in der Zeit im Kopf hängen geblieben sind?

Es gibt ganz viele – schöne wie traurige! Es passiert zum Beispiel ab und zu, dass mir Kunden berichten, dass ihr Partner oder ihre Partnerin ver­storben sind. Das berührt mich schon sehr, weil es Menschen sind, die ich acht oder neun Jahre kenne. Das gehört dazu, das ist eben auch das Markt­leben. Ansonsten gibt es fast nur schöne Momente. Ein beson­deres Erlebnis war der erste Samstag, an dem ich geöffnet hatte. Die Lieferung ist nicht gekommen und ich hatte nur ein sehr kleines Sortiment an Käse vorrätig, was ich vorher aus Frank­reich mit­gebracht hatte. Das war mir an meinem ersten Tag sehr unan­genehm. Alle Kunden waren sehr ver­ständnisvoll und haben mir gesagt, dass aller Anfang schwer ist und es nur besser werden kann. Ansonsten ist mit der Lieferung in den letzten zehn Jahren alles gut gelaufen.


Was bringt die Zukunft?

Ich vergrößere mich mit einem Anbau, auch wenn man das noch nicht sieht. Das Sorti­ment bleibt gleich, es werden ein paar zusätz­liche Produkte oder saisonale Käse hinzu­kommen. Meine Aus­lage ist nicht so groß, einige Produkte wie Ziegen­frischkäse oder Creme Fraiche sind ver­steckt in der Kühlung und nur meine Stamm­kunden kennen sie. Mit dem Anbau wird bald hof­fentlich alles schöner und mit mehr Platz präsentiert.


Was sind Ihre Wünsche an den Markt?

Ich wünsche mir, dass alles erst­mal so bleibt wie es ist. Ent­wicklung ist immer gut, das ist keine Frage, aber zu viel Neues bringt auch Unruhe für die Kunden. Ich persön­lich würde mir nach dem Weg­gang der Bio­metzgerei Sassen einen neuen Bio­fleischanbieter wünschen. Und ich wünsche mir, dass der Markt ein fried­licher Platz für alle ist ­– die Kunden, die gemütlich ein­kaufen möchten und die Kunden, die hier gerne etwas trinken oder essen möchten.

Merci beaucoup!